Selbstverteidigung für Frauen wird zwar weniger als spezielles Thema behandelt, dennoch ist es interessant, das Brazilian Jiu Jitsu aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Im Grunde existieren keine Besonderheiten in Bezug auf die Selbstverteidigung für Frauen, da sich das Gracie Jiu Jitsu für Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder gleichermassen eignet.
Von Beginn an wurde die Selbstverteidigung für Frauen mit Jiu Jitsu verbunden. Frauen waren seit jeher diejenigen, die zuhause blieben, um sich neben der Kindererziehung um den Haushalt zu kümmern. Allerdings waren in Japan auch Frauen Samurai-Kämpferinnen. Sie sollten schliesslich in der Lage sein, ihre Familie und sich zu verteidigen, wenn ihre Ehemänner auf dem Kampffeld waren.
Die Kultur des Jiu Jitsu sowie die Selbstverteidigung für Frauen sind keine getrennten Aspekte, sondern waren schon von Anfang an miteinander verflochten. Dafür gab es sogar einen speziellen Begriff, der sich Safra Jitsu nannte. Dieser repräsentierte die Bewegung der Frauenrechte und das Recht auf Selbstverteidigung für Frauen.
Der Wunsch, sich selbst und die eigenen Kinder zu verteidigen, steckt nahezu in jeder Frau. Mit einer Löwin, die in der Lage ist, ihre Jungen mit ihrem Leben zu verteidigen, lässt sich dieser Drang nach Selbstverteidigung gut vergleichen. BJJ ist keineswegs lediglich männlich, sondern genauso weiblich.
Grossmeister Hélio Gracie, der Frauen und Männer trainierte, behauptete, dass Frauen schneller und besser Jiu Jitsu lernen als Männer. Infolgedessen ist Jiu Jitsu einer der besten, sogenannten Equalizer, der die stereotypischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern ausgleicht.
Sich selbst zu verteidigen, ist eine Kunst. Wer das lernt, hat dieses Wissen immer bei sich. Zudem kann sich niemand im Falle eines Angriffs darauf verlassen, dass sich die Polizei in unmittelbarer Nähe aufhält, um zu helfen.
Unglücklicherweise fürchten sich zahlreiche Frauen immer noch von der physischen Überlegenheit der Männer. Jiu Jitsu fungiert deshalb als perfekter Ausgleich, denn diese Kampfkunst beweist Frauen, dass Männer keineswegs superior sind. Sogar der Gründervater des Judo, Jigoro Kano, lehrte seine Frau das Judo. Er unterstützte somit die Selbstverteidigung für Frauen.
Im Gracie Jiu Jitsu spielte die Selbstverteidigung für Frauen seit jeher eine Rolle. Grossmeister Hélio Gracie bevorzugte sogar diesen Aspekt anstatt das Training für Wettkämpfe für Frauen, denn seiner Meinung nach würden Frauen im Jiu Jitsu Training, sich dann wesentlich mehr auf die Wettkämpfe, anstatt auf die Selbstverteidigung für Frauen fokussieren.
Frauen aus dem Militär und Polizistinnen nehmen am Training des BJJ teil. Für sie funktionieren die Techniken der Selbstverteidigung genauso gut wie für Männer. Allerdings mangelt es in dieser Hinsicht hin und wieder an Glaubwürdigkeit, denn manche Anhänger aus dem MMA behaupten, dass Frauen einfach keine Chance haben, sich zu verteidigen oder einen Kampf zu gewinnen, weil sie Frauen und den Männern physikalisch unterlegen sind.
Allerdings verfolgt MMA nicht dasselbe Ziel wie die Selbstverteidigung für Frauen. Im Falle eines Angriffs, ist es für die Frau wichtig unversehrt nach Hause zurückzukehren, anstatt im Krankenhaus zu landen. Das ist das Ziel, welches die Selbstverteidigung verfolgt.
Eine BJJ Schülerin wurde einst am Flughafen von einem Mann, der ihr körperlich überlegen war, brutal angegriffen. Doch dank ihres mehrjährigen BJJ Trainings war sie in der Lage, sich gegen den Angreifer erfolgreich zu wehren. Das liegt daran, dass ihr die Techniken in Fleisch und Blut übergegangen sind. Sie waren ein Reflex. Es spielte keine Rolle, wie überlegen der Angreifer war. Die Frau spürte den Angreifer, eher einen physischen Kontakt mit ihr herstellte. Denn die Achtsamkeit ist ebenso ein wichtiger Aspekt der Selbstverteidigung für Frauen. Im BJJ Training lernen Schüler somit viel mehr, als nur Techniken.
Weil die Frau nicht durch Kopfhörer oder das Smartphone abgelenkt war, konnte sie sich erfolgreich zu Wehr setzen. Ausserdem ging sie entgegen der menschlichen Natur vor. Die Mehrheit der Menschen will im Falle eines Angriffs bloss nicht hinfallen – und falls es dennoch passiert, will jeder unmittelbar aufstehen. Die Frau hatte jedoch aufgrund ihres mehrjährigen BJJ Trainings keine Angst hinzufallen, auf dem Rücken zu landen und dabei dennoch den Angreifer in die Flucht zu schlagen. Sie befand sich in Rückenlage und benutzte selbstsicher, schnell und im Reflex ihre Beine. Mit dieser Reaktion signalisierte sie dem Angreifer, dass er diesen Kampf nur verlieren kann. Anstatt auf dem Boden zu landen, um Hilfe zu rufen und wie gelähmt liegen zu bleiben, wehrte sie sich. Sie schlug den Angreifer in die Flucht, ohne dass es zu einem physischen Kontakt kam. Stattdessen floh er.
Selbstverteidigung für Frauen funktioniert jedoch nicht von heute auf morgen. Stattdessen ist ein längerfristiges Training, welches mehrmals pro Woche stattfindet, notwendig. Erst dann wird Selbstverteidigung zum Reflex, den eine Frau, die regelmässig BJJ trainiert, stets bei sich hat.
Bei einem Angriff haben angegriffene Personen grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Erstens sie bleiben wie gelähmt stehen, zweitens sie wehren sich und schlagen den Angreifer in die Flucht. Auch die Frau, die angegriffen wurde, war in dem Moment sicherlich nicht furchtlos. Doch sie zeigte Mut. Die Fähigkeit, sich zu verteidigen, kann in manchen Situationen lebensrettend sein.
Die Abwehrreaktion im Falle eines Angriffs basiert auf einer 100%-igen Muskelerinnerung. In diesem Fall agiert der Autopilot der Selbstverteidigung. Wenn der Angreifer sich wohlfühlt, wird er seinen Angriff fortsetzen, wenn er sich jedoch unbehaglich fühlt, hört er auf und macht sich auf die Flucht. Auch dieses Geschehen lässt sich mit der Tierwelt vergleichen. Raubtiere setzen ihren Angriff nur dann fort, wenn sie sich wohlfühlen.
Vorurteile in Bezug auf die Selbstverteidigung für Frauen gab es schon immer. Doch das Brazilian Jiu Jitsu belegt das genaue Gegenteil. Auch Frauen können sich verteidigen und kämpfen. Das Vorurteil, dass Frauen sich nicht wehren können, basiert offensichtlich auf der Annahme von Männern, die unsicher sind. Denn sie möchten sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass auch Frauen kämpfen können.
Bei Selbstverteidigung geht es weniger um Triangles und Chokes, sondern darum, sich im Notfall zu wehren. Im regelmässigen Training lernen Frauen und Männer, sich zu verteidigen. Das ist der Unterschied zu einem klassischen Wettkampftraining. Selbstverständlich kann sich eine Person, die sich auf Wettkämpfe vorbereitet im Falle eines Angriffs ebenso besser verteidigen als eine Person, die nichts trainiert.