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Ist Brazilian Jiu Jitsu (BJJ) eine Selbstverteidigungskunst?
16.12.2022
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Brazilian Jiu Jitsu (BJJ) ist ein vollumfassendes Selbstverteidigungssystem. Allerdings weist das Gracie Jiu Jitsu verschiedene Elemente auf. Denn die Ziele, welche Menschen mit dem Training verfolgen, können unterschiedlich sein. Es existieren verschiedene Arten, zu trainieren und mit ihnen verschiedene Schwerpunkte. Ansonsten existiert nur eine Form des Brazilian Jiu Jitsu – lediglich die Ziele, welche BJJ-Schüler und Meister verfolgen, können verschieden sein. Die einen wollen an Wettkämpfen teilnehmen, die anderen wollen wiederum das BJJ für Selbstverteidigungzwecke nutzen.

Brazilian Jiu Jitsu beginnt dort, wo die anderen Kampfkunstarten enden

Es gibt BJJ-Lehrer, welche die Auffassung vertreten: Das Gracie Jiu Jitsu beginnt dort, wo andere Kampfkünste enden. Was meinen die heutigen BJJ-Lehrer mit dieser Aussage? Ein Paradebeispiel davon ist, dass bei den meisten Kampfkünsten Bodenkämpfe abgebrochen oder gar nicht wahrgenommen werden. Im Brazilian Jiu Jitsu hingegen fängt es oftmals mit dem Boden- bzw. Griffkampf erst richtig loszugehen. Dies soll keines Falls bedeuten, dass Kämpfe im Stand nicht ernst zu nehmen sind. Nach wie vor starten Kämpfe praktisch ausschliesslich im Stand. Den Standkampf zu vernachlässigen wäre fatal, vor allem im Hinblick auf Verteidigung gegen multiple Angreifer oder in ungeeignetem Umfeld.

In Bezug auf Selbstverteidigung verfolgt das BJJ eine wichtige Strategie: Es ist nicht möglich, sich effektiv zu verteidigen, wenn man nicht weiss, wie man einen Kampf vermeiden kann. Das Ziel, welches BJJ lehrt, besteht darin, einem Kampf aus dem Weg zu gehen; wenn es um den Aspekt Selbstverteidigung geht. Allerdings trifft das nicht zu, wenn ein Angreifer eine Person körperlich attackiert. In diesem Fall kommt die Notwehr zum Einsatz.

Des Weiteren lautet im BJJ eine wichtige Frage: Wie geht der Kampf in Bezug auf die Selbstverteidigung aus? Eine Person, die nie mit Selbstverteidigung in Berührung gekommen ist, wird sich weniger zur Wehr setzen als eine Person, die regelmässig BJJ praktiziert. Darüber hinaus schneidet Letzterer höchstwahrscheinlich besser ab.

Was ist Selbstverteidigung?

Selbstverteidigung ist eine innere Einstellung. Sie bezieht sich nicht nur auf Techniken, die Schüler des BJJ im Training erlernen, um sich im Falle eines Angriffs zu verteidigen. Letztendlich bedeutet das, dass BJJ-Schüler die Schlag-, Hebel und Wurftechniken stets mit dem Hintergedanken trainieren, dass ihr Angreifer sie verletzen könnte.

Wie sieht es mit der Frage aus: Wurde das Gracie Jiu Jitsu ursprünglich für Menschen entwickelt, die keine Erfahrung mit Selbstverteidigung haben? Sein Ziel bestand nicht nur darin, seinen Schülern Techniken der Selbstverteidigung gegen alle möglichen Angriffe zu vermitteln, sondern ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Demzufolge sollten sie in der Lage sein, sich gegen alle möglichen Angriffe wehren zu können. Allerdings entwickelte sich dieses Programm im Laufe der Zeit zu roboterähnlichen Bewegungen.

Deshalb fand eine Weiterentwicklung statt. Es war nicht nur eine Weiterentwicklung, sondern ein wichtiger Perspektivenwechsel. Was genau besagt der Perspektivenwechsel? Selbstverteidigung im Brazilian Jiu Jitsu ist dafür konzipiert, um sich gegen Situationen zu wehren – und weniger gegen Menschen. Zudem besteht das Ziel darin, Menschen darin zu schulen, ihre Emotionen an die jeweilige Situation anzupassen. Es geht nicht nur darum, sich gegen einen Angriff zu wehren, sondern in der jeweiligen Situation emotional und selbstverteidigungstechnisch richtig zu reagieren. Wut sollte auf keinen Fall ein Begleiter der Techniken sein. Denn dadurch folgen unüberlegte Bewegungen. Aus diesen resultieren wiederum Konsequenzen, die gerade für denjenigen, der sich verteidigt, negative Konsequenzen nach sich ziehen können.

Hat sich das BJJ weiterentwickelt?

Ja, im Hinblick auf die Sichtweise hat sich das BJJ stets weiterentwickelt. Dazu zählt der Aspekt der Risiken. Sie gehören ebenso dazu. Im Sport gibt es Regeln, die einen beschützen. In einem Strassenkampf gibt es keine Regeln und man kann sterben. Hélio Gracie sagte, ich kämpfe, um nicht zu verlieren. Er war gegen das klassische Punktesystem, wie es in Wettkämpfen der Fall ist. Zudem prägte er den Spruch: Ich versuche nicht zu gewinnen, sondern nicht zu verlieren.

Warum sollten Menschen nicht aus Spass trainieren? Weil daraus gefährliche Folgen resultieren. Es ist stattdessen besser, zu lernen, sich zu verteidigen. Weil es bei Selbstverteidigung um eine Einstellung geht.

Ist ein BJJ Selbstverteidigungstraining besser als ein BJJ Wettkampftraining?

Nein, sie haben lediglich unterschiedliche Ziele. Wer gewinnen will, geht den sportlichen Weg. Beides hat seine Vorzüge. Denn das BJJ Training, welches sich auf den Wettkampf fokussiert, entwickelt die Sportart weiter. Wettkämpfe weisen somit einen wichtigen Vorteil in Bezug auf die Evolution des BJJ auf. Denn in einem Wettkampf kämpfen Schüler nicht nur, um zu gewinnen. Schliesslich bewältigen sie während des Wettkampfs noch vieles mehr. Sie gehen mit dem Leistungsdruck um, zahlreiche Zuschauer sind anwesend und bewerten ebenso den Kampf. Dabei handelt es sich um eine enorme Weiterentwicklung der Persönlichkeit. Allerdings dient die Wettkampfvariante des Trainings nicht dazu, die Fähigkeiten der Selbstverteidigung weiterzuentwickeln.

Was ist die wichtigste BJJ Technik?

Die wichtigste Technik im BJJ ist die, die ein Schüler braucht, wenn ihn eine andere Person angreift. Denn die richtige Einstellung hilft, in jeder Situation richtig zu agieren. Die wichtigste Technik besteht darin, sich zu adaptieren. Auch die Ehre zu schützen, ist eine wichtige Selbstverteidigungstechnik. Dazu gehört es beispielsweise auf Beleidigungen nicht zu reagieren und zu wissen, wann es sich lohnt, diese Situation zu ignorieren. Das ist auch eine gelungene Technik der Selbstverteidigung auf toxische Reaktionen. Sie agiert ebenfalls als Verlass auf sich selbst. Deshalb steckt hinter einer erfolgreichen Art, sich selbst zu verteidigen, wesentlich mehr als nur die Kenntnis über Selbstverteidigungstechniken. Das Ziel besteht darin, das, was im Training gelehrt wird, auf sämtliche Lebenssituationen zu übertragen.

Fazit

Bei Brazilian Jiu Jitsu handelt es sich um ein komplettes Selbstverteidigungssystem, welches sich aus den nachfolgenden fünf Elementen zusammensetzt:

  • Verteidigung gegen Überraschungsangriffe im Stand
  • Hebel- und Ringtechniken
  • Würfe
  • Schlagtechniken
  • Philosophie

Die Verteidigung gegen Überraschungsangriffe besteht zum einen aus den Techniken, welche Schüler anwenden, um sich gegen den jeweiligen Angriff zu verteidigen. Zum anderen haben sie im Training eine weitere Lektion mitgenommen: Sie verteidigen sich gegen diese unerwünschte Situation – weniger gegen den Angreifer als Mensch. Sie lernen nicht nur Techniken auf dem Boden, sondern genauso Techniken, die sich im Stand abspielen.

Schlagtechniken und Würfe gehören ebenso in dieses Programm, denn im Falle eines Angriffs ist es weniger möglich, den Angreifer lediglich mit Blocks abzuwehren. Würfe und Schlagtechniken gehören zu einer erfolgreichen Selbstverteidigung.

Da ein Angriff keineswegs lediglich im Stand stattfindet, obwohl er meistens im Stand beginnt, kann er auf dem Boden weitergehen. Aus diesem Grund beinhaltet das Gracie Jiu Jitsu ebenso Techniken der Selbstverteidigung am Boden. Ring- und Hebeltechniken spielen dabei eine wichtige Rolle. Mithilfe der Hebeltechniken lässt sich der Angreifer beruhigen oder kampfunfähig machen. Denn, wer einen Hebel “durchzieht”, bricht oder verstaucht seinem Angreifer das jeweilige Gelenk.

Zu guter Letzt fokussiert sich die Philosophie ebenso darauf, die Einstellung der Schüler auf Selbstverteidigung zu programmieren. Denn Selbstverteidigung im BJJ ist eine Einstellungssache, welche weit über das technische Können hinausgeht.